Gipfeltreffen der Guten
Fair Pay Best Practice Summit am 17. Dezember 2019 Bundesfamilienministerium
Beim ersten Fair Pay Best Practice Summit kamen im Bundesfamilienministerium in Berlin 120 Expertinnen und Experten zusammen, um die schnellsten Wege zu fairer Bezahlung zu diskutieren. Es kristallisierte sich heraus, dass es vor allem zweierlei braucht, um die Lohnlücke in 2020 endlich zu schließen.
Acht Mal war das FPI in den vergangenen beiden Jahren mit Fair Pay Management Circles in Ministerien oder Unternehmen zu Gast und sprach mit 204 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über das Thema Lohngerechtigkeit: Von A wie Auskunftsanspruch, über B wie Berichtspflicht, C wie Compliance, Digitalisierung, Entgelttransparenz, Frauen in Führung, Gleichstellung bis hin zu Z wie Zertifizierung wurde das das Fair Pay ABC von A bis Z einmal durchgespielt. Höchste Zeit, die gesammelte Expertise zusammenzutragen: Im Dezember kamen im Bundesministerium in Berlin mehr als 100 Gäste aus unseren bisherigen Circles sowie viele weitere Experten und Expertinnen aus den unterschiedlichsten Branchen und Bereichen zu einer Premiere zusammen: Dem allerersten Fair Pay Best Practice Summit.
Treffen der Macher und Möglichmacherinnen
Ein „Gipfeltreffen der Guten“ nannte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey den Summit in ihrer Keynote, ein Treffen der „Macher“ und „Möglichmacherinnen“ und zeigte sich beeindruckt von der Teilnehmendenliste. Besonders der hohe Anteil an Männern unter den Gästen freute Giffey – bei den meisten Veranstaltungen zum Thema müsse man die Männer schließlich mit der Lupe suchen.
Passenderweise gab es am Morgen des Summits noch eine Nachricht, die optimistisch stimmt – jedenfalls auf den ersten Blick: Deutschland ist in Sachen Gleichstellung wieder in die globalen Top Ten aufgerückt. Besonders, was Bildung, Politik und Gesundheit angeht, schneidet Deutschland im Global Gender Gap Report im internationalen Vergleich gut ab. Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt jedoch: Was wirtschaftliche Unabhängigkeit und faire Bezahlung angeht, gibt es in Deutschland noch Nachholbedarf.
Auf die Haltung kommt es an
An Adobe Systems liegt das nicht. Ganz unabhängig von der jeweiligen Gesetzgebung an den vielen Standorten, an denen das amerikanische Softwareunternehmen international tätig ist, wurde am 22. Oktober 2018 global Gender Pay Parity erreicht – nach zweijährigem globalem und nur sechsmonatigem Prozess in Europa. Entscheidend, so erläuterte Frank Rohde von Adobe in seinem Impulsvortrag in Berlin, sei dabei die klare Zielvorgabe des Vorstands gewesen: „Es kommt allein auf die Haltung an“, betont der Personalchef, und erinnert daran, dass Geld ursprünglich Frauensache war: Nicht die Wikinger, sondern Wikingerinnen führten und waren für die Finanzen zuständig. Bis das Christentum dazwischenkam.
Bei Adobe ist man sich der Tatsache bewusst, dass der Kulturwandel mehr braucht als Gehaltsanpassungen. Equal Pay sei nur der erste Schritt, zitiert Rohde die globale HR-Chefin Donna Morris. Geschuldet ist die entschlossene Vorgehensweise des Softwareriesens ganz klar auch dem Eigennutz: Inzwischen entscheiden sich junge IT-Kräfte ganz bewusst für Adobe, weil hier Pay Parity herrscht – ein echter Vorteil beim Kampf um die gesuchten Talente, der schon an den Schulen beginnt. Auch Randolf Bursian von der Evonik Industries AG, das vor allem als Sponsor von Borussia Dortmund bekannt ist, betonte, wie sehr es auf die Authentizität der Vorstände ankommt. In seinem Impuls zeigte der Leiter HR Deutschland, wie Fair Pay gelingt, wenn Gleichstellung von oben gedacht und mit allen Konsequenzen umgesetzt wird. So hat das Chemieunternehmen beispielweise ein zweckgebundenes Budget für Mitarbeitende in Elternzeit festgesetzt.
Messen, messen, messen
Wie entscheidend die Haltung auf dem Weg zum Erfolg in Sachen fairer Bezahlung ist, zeigte auch die nachfolgende Podiumsdiskussion mit Barbara Thiel von thyssenkrupp, Katja Ploner von Siemens, Nina Keim von Salesforce und Leópold Kristjánsson von PayAnalytics. Mindestens genauso wichtig, auch das zeigt die Diskussion, ist neben der richtigen Haltung die genaue Kenntnis der eigenen Zahlen. Die Entgeltstrukturen müssen immer wieder analysiert und der Erfolg der Maßnahmen nachgehalten werden.
Das isländische Softwareunternehmen PayAnalytics gehört zu jenen Anbietern, die Unternehmen mit der passenden Software tatkräftig unterstützen. So konnte der Energieanbieter Reykjavik Energy die interne Lohnlücke mithilfe von PayAnalytics innerhalb weniger Jahre auf 0 Prozent schließen, berichtet Leópold Kristjánsson in der von Henrike von Platen moderierten Podiumsdiskussion. Der Entwickler und Designer erläutert, wie sich mithilfe der Software der Gender Pay Gap tagesaktuell im Blick behalten lässt. Bei jeder Einstellung oder Beförderung lässt sich simulieren, wie sich die Personalentscheidung auf die Lohnlücke im Unternehmen auswirken würde – und die Software spricht Handlungsempfehlungen aus. „Die Software empfiehlt. Aber das Management entscheidet“, präzisiert Kristjánsson, und ergänzt: „Bei regelmäßiger Überprüfung der Daten ist faire Bezahlung kinderleicht.“
Beste Aussichten für faire Bezahlung in 2020
Und nicht nur das, sie sollte auch selbstverständlich sein: „Welchen Grund gäbe es auch, eine Frau schlechter zu bezahlen?“, fragte etwa Frank Rohde. Doch auch Unternehmen mit den besten Absichten, wissen oft nicht, wie sie faire Bezahlung nachhaltig umsetzen können. Sie alle finden bei der Suche nach den richtigen Methoden und Instrumenten ab sofort Unterstützung im soeben druckfrisch erschienen FPI Best Practice Argumentarium: „Fair Pay in der Praxis – Eine Anleitung in 4 Schritten“, heißt es, und steht hier zum Download bereit. Ausreden gibt es also keine mehr!
Das Fazit des „Gipfeltreffens der Guten“: Die Haltung muss stimmen und die Messinstrumente müssen passen. Wer dann noch die richtige Anleitung und die passende Software findet, setzt faire Bezahlung – nach isländischem Vorbild – im Handumdrehen um. Auch Barbara Thiel, Global Head of Diversity & Inclusion bei thyssenkrupp, ist zuversichtlich, dass sich in 2020 viel bewegen wird: „Ich möchte nächstes Jahr gerne wiederkommen und von 12 Monaten mit unserer ersten weiblichen CEO bei thyssenkrupp berichten.“
Weitere Berichte zum Fair Pay Best Practice Summit 2020 in Berlin:
BMFSFJ: „Faire Bezahlung von Frauen und Männern – Lohngerechtigkeit in Unternehmen fördern“
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hr info Podcast: „Gleiches Gehalt für Frauen und Männer – Fair Pay lohnt sich“, von Alexander Schmitt
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