Frauen in Führung in Unternehmen der öffentlichen Hand
Fair Pay Management Circle am 28. Januar 2019 beim dbb in Berlin
Eigentlich sollte es gerade in Unternehmen der öffentlichen Hand ja längst besonders fair zugehen – doch noch immer wird nur jede dritte Führungsposition in Behörden und Bundesunternehmen mit einer Frau besetzt. Weshalb gelingt die Gleichstellung trotz Frauenquote nicht? Um das herauszufinden, waren wir mit einem Fair Pay Management Circle zu Gast beim deutschen Beamtenbund in Berlin.
In der freien Wirtschaft ist es der Thomas-Kreislauf, der Frauen von den Führungspositionen fernhält, im, öffentlichen Dienst ist es die Hans-Bremse: In den Vorständen der börsennotierten deutschen Unternehmen sind mehr Männer zu finden, die Thomas oder Michael heißen, als Frauen insgesamt. Und in den Ministerien finden sich mehr Staatssekretäre mit dem Namen Hans als Frauen in dieser Position. Hinzu kommt: Thomas fördert Thomas, Hans fördert Hans.
Doch wie kann das sein? Sollten „Frauen in Führung in Unternehmen der öffentlichen Hand“ nicht längst selbstverständlich sein? Welche Hürden gilt es noch zu überwinden? Darüber wurde am 29. Januar 2019 bei einem Fair Pay Management Circle beim Deutschen Beamtenbund in Berlin engagiert diskutiert.
Führung in Teilzeit: Ein Muss
Die Entwicklung sei zwar positiv, wie Helene Wildfeuer, die Vorsitzende der dbb Bundesfrauenvertretung, eingangs betonte, aber noch lange nicht zufriedenstellend: „Die gute Nachricht ist, dass der Frauenanteil wächst. Nur leider nicht dort, wo Spitzengehälter gezahlt werden!“ Und noch in einem anderen Punkt unterscheiden sich die öffentlichen Unternehmen kaum von der freien Wirtschaft: „Frauen machen überwiegend dort Karriere, wo insgesamt niedrigere Gehälter gezahlt werden.“
Die meisten Circle-Gäste sehen noch großen Handlungsbedarf, ob in den Ministerien oder Unternehmen. Der öffentliche Dienst sei anders als früher nicht mehr per se ein attraktiver Arbeitgeber. Um dem rapiden Imagewandel entgegenzuwirken brauche es ein Gesamtpaket an Recruiting- und Vereinbarkeitsmaßnahmen – für Frauen wie Männer. Führung in Teilzeit etwa sei ein Muss, der Abschied von einem veralteten Selbstverständnis und überholten Rollenbildern sei überfällig. Denn ob Verkehr, Wasser oder Entsorgung – viele der einst typisch "männlichen" Berufsbilder hätten sich stark gewandelt. Die Unternehmen, in denen früher vor allem Männer im Schichtdienst arbeiteten, hätten sich längst zu IT-Unternehmen gewandelt, mit entsprechend guten Verdienstchancen.
Raus aus der Schublade
Mit Sorge hingegen wird die Bezahlung in den typisch „weiblichen“ Berufen in Pflege und Erziehung gesehen, wo schon jetzt zahlreiche Stellen vakant seien. Generell sei der Unconscious Bias ein großes Problem. Sehr bewusst steuern die Unternehmen den Rollenstereotypen entgegen, die in den Medien immer weiter zementiert werden. So erhält die Berliner Polizei kaum Bewerbungen von jungen Frauen – außer bei der Kripo. Schuld sind die Tatortkommissarinnen, von denen es auf der Leinwand mehr als im echten Leben gibt. Es ist der einzige Beruf, bei dem eine solche Umkehrung festzustellen ist: Frauen sind im Fernsehen in der Regel deutlich unterrepräsentiert.
Dabei ist Gleichstellung keine Kür, sondern ein Muss – das Mühe macht. „Wir können es uns nicht leisten, nicht auf die Frauen zu achten“, stellt die Chef-Recruiterin eines großen deutschen Konzerns mit über 300.000 Beschäftigten statt, „aber eine Unternehmenskultur lässt sich nicht per Schalter umlegen. Das ist ein Prozess aus vielen kleinen, sehr konkreten Schritten.“ Beschleunigen ließe sich dieser Prozess allerdings schon ein wenig: „Wenn weibliche Führungskräfte ihre Entscheidungsmacht nutzen, kann das eine Menge verändern“, appelliert die Personalexpertin an die Anwesenden, „wir alle, die wir heute hier sitzen, sind Vorbilder.“
Der Circle fand in Kooperation mit der dbb Bundesfrauenvertretung im dbb forum in Berlin statt. Wie bei jedem Circle erfolgte die Teilnahme ausschließlich auf persönliche Einladung, die Veranstaltung selbst unterlag der Chatham House Rule – die beste Voraussetzung für einen offenen und konstruktiven Austausch. Wir geben daher nichts weiter, was Rückschluss auf die Referierenden oder Gäste, auf ihre Unternehmen oder Organisation zuließe – außer diese haben ausdrücklich zugestimmt, genannt zu werden.
Der nächste Fair Pay Management Circle findet am 19. März 2019 bei Ernst & Young in Berlin statt. Wenn Sie selbst teilnehmen oder uns eine Expertin oder einen Unternehmensvertreter empfehlen möchten, die oder den wir unbedingt einladen sollten, schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an!
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