Geld, Macht und Liebe
Wenn SIE mehr verdient als ER
Dass Frauen im Beruf weniger verdienen als Männer, ist schlimm genug. Doch so richtig kompliziert wird es erst im Privaten: Und zwar dann, wenn SIE mehr verdient als ER. Aber weshalb ist der Einkommensunterschied in umgekehrter Richtung eigentlich so problematisch? Wie schaffen wir es, uns endlich von den überholten Stereotypen zu verabschieden? Und ist Lohngerechtigkeit die Lösung für glückliche Beziehungen auf Augenhöhe?
Von HENRIKE VON PLATEN
Wenn eine Frau beruflich erfolgreicher ist als ihr Partner, hat das Konsequenzen – und zwar vor allem ökonomische. Denn in aller Regel steigt im Karriereverlauf auch der Verdienst, so dass sie früher oder später über ein höheres Einkommen verfügt als er. Umgekehrt ist das nicht nur kein Problem, sondern eher der Normalfall: Viele Frauen verdienen weniger als ihre Partner. Nicht selten begeben sie sich in finanzielle Abhängigkeit oder steuern auf die Altersarmut zu – gerade dann, wenn sie gut verdienende Partner an ihrer Seite haben.
Bis zur Scheidung oder Rente geht das erstaunlich häufig erstaunlich lange gut – problematisch scheint es erst zu werden, wenn sich die Verhältnisse umkehren: Wenn es der Mann ist, der seiner Frau den Rücken freihält und selbst deutlich weniger verdient als sie oder aus eigener Erwerbstätigkeit nichts zum Haushaltseinkommen beiträgt. Dann hat er nämlich meistens nicht nur eine überdurchschnittlich erfolgreiche und überdurchschnittlich gut verdienende Frau, sondern auch ein handfestes Imageproblem.
Der Alleinernäher: Eine aussterbende Art
Doch weshalb ist so schwer zu ertragen, wenn die Frau mehr verdient als der Mann? Die Krux ist ja nicht das Geld selbst, sondern dass der schlechter verdienende Lebensgefährte eben nicht nur weniger Geld auf dem Konto, sondern in den Augen der anderen auch buchstäblich weniger in der Hose hat. Das ist umso erstaunlicher, als der alleinernährende Mann ohnehin eine aussterbende Art ist – in vielen Fällen reicht ein Einkommen ja längst nicht mehr aus, um eine Familie zu ernähren.
Schuld an der Misere sind längst überholte, aber umso hartnäckigere Stereotypen, die unser Paarungsverhalten beeinflussen: Die Klischees in unserer aller Köpfe sind extrem wirkmächtig. Nicht umsonst kennen wir zwar den „Familienvater“ und die „Working Mom“, nicht aber den „Working Dad“ oder die „Familienmutter“. Der alleinige Familienernährer und seine Trophy Wife passen ins überholte Rollenbild, während beruflich erfolgreiche Frauen uns noch immer irritieren: Männer mit Erfolg, Geld und Macht gelten als kompetent und sind uns sympathisch. Frauen mit Erfolg, Geld und Macht nehmen wir als eingebildet, machthungrig oder arrogant wahr, wir mögen sie nicht.
Macht und Geld im Privatleben
Dass der nicht erfolgreiche Mann als unmännlich gilt und die erfolgreiche Frau als unattraktiv und unsympathisch, ist mindestens genau so schlicht und mindestens genauso ungerecht wie die Tatsache, dass Frauen in Deutschland für die gleiche Arbeit noch immer 21 Prozent weniger verdienen als Männer. Vor allem hängt das alles aufs Engste miteinander zusammen: All diese Ungerechtigkeiten haben exakt die gleichen strukturellen Ursachen – die oft als individuelles Versagen wahrgenommen werden und sich auch deswegen mit so erstaunlicher Hartnäckigkeit halten, weil wir nur ungern zugeben wollen, wie sehr die Verteilung von Macht und Geld bis in unser Privatleben hineinragt.
Damit Paare jenseits des Üblichen individuell aushandeln können, wer welchen Anteil an der Erwerbstätigkeit und an der Familienarbeit übernehmen möchte, braucht es erstens wirtschaftliche Unabhängigkeit. Und zweitens die Bereitschaft, sich selbst und die Klischees im eigenen Kopf zu hinterfragen.
Letztlich sollte es vollkommen egal sein, wer von beiden mehr oder weniger verdient. Allerdings brauchen beide das gleiche Recht und die gleichen Chancen auf wirtschaftliche Unabhängigkeit – es mag überholt sein, männliche Potenz vom Kontostand abhängig zu machen, aber richtig ist: Nichts im Leben gibt dir so viel Freiheit wie wirtschaftliche Unabhängigkeit. Und die sollte nicht vom Geschlecht abhängig sein.
Der Text ist ein gekürzter Ausschnitt des Buchkapitels: „Frauen mit Geld, Männer mit Imageproblem – weshalb Liebe auf Augenhöhe wirtschaftliche Unabhängigkeit braucht“. Das gesamt Kapitel sowie viele andere Text rund um das Thema sind nachzulesen in: „Side by Side – Männer an der Seite erfolgreicher Frauen“, das gerade im Haufe Verlag erschienen ist.
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