Mit Transparenz ans Ziel – Fußball, Geld und Emotionen
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Fair Pay Management Circle am 27. Juni 2019 bei SAP in Walldorf
Pünktlich zur Fußballweltmeisterschaft waren wir wieder mit einem Fair Pay Management Circle zu Gast bei SAP. Kämpften im Juni 2018 die deutschen Männer bis zur Vorrunde um den Titel, spielten sich in diesem Sommer unsere Frauen bis ins Viertelfinale. Wie beim Sport ging es auch beim Austausch mit den Transparenzvorreitern aus Walldorf um Fairness und um die ganz großen Emotionen.
„Nur wenn es den Mitarbeitenden gut geht, geht es auch dem Unternehmen gut, pflegte SAP-Gründer Dietmar Hopp zu sagen. Und daran halten wir uns bis heute“, eröffnet Margret Klein-Magar (oben im Bild hinten links) den Circle im Digital Boardroom von SAP. In Walldorf diskutieren 29 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, wie es „Mit Transparenz ans Ziel“ geht: Lohngerechtigkeit für alle. SAP ist in vielerlei ein Vorzeigeunternehmen. Seit Kurzem ist auch der Aufsichtsrat paritätisch besetzt: Klein-Magar ist stellvertretende Vorsitzende.
50:50 im Aufsichtsrat
Damit wird nun auch an der Spitze sichtbar, wie sehr man sich bei SAP für Gleichstellung und Diversität engagiert. Von praktischen Dinner Bags mit servierfertigem Abendessen über flexible Arbeitszeitsmodelle bis hin zur Ausschreibung sämtlicher Stellen in Teilzeit geht es in Walldorf extrem pragmatisch zu. Und auch in Sachen Entgelttransparenz ist der Softwarekonzern Vorreiter.
Nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt, sollen vorhandene Pay Gaps geschlossen werden. Pay Equity meint, dass die jeweiligen Gesetze eingehalten werden und ist eine sehr einfach messbare Größe. Pay Equality hingegen will Diskriminierungen ausschließen – und muss immer wieder neu überprüft werden. Und erst eine Stufe weiter geht es dann um Fairness, und zwar aus Sicht der Belegschaft. „Wie beim Fußball braucht es beim Gehalt ein klares Regelwerk“, sagt eine der anwesenden Entgeltexpertinnen, „und genau wie beim Fußball geht es dabei um Emotionen. Fairness ist immer subjektiv.“ So würde es als extrem unfair wahrgenommen, wenn alle das gleiche Gehalt bekämen – und Leistung nicht zählt. Im Umkehrschluss seien mit Unterschieden in der Bezahlung alle zufrieden – solange dies gut begründet werden könne.
Fairness: immer subjektiv
SAP setzt die Employee Experience konsequent an erste Stelle. Die Mitarbeitenden werden als Kundinnen und Kunden verstanden, die ein Unternehmen auswählen. Im Umkehrschluss richtet man sich zunehmend nach ihren Wünschen und personalisiert auch bei der Bezahlung. Beim Berufseinstieg sei meist das Geld wichtig, später eher Zeit.
Transparenz sei auf dem Weg zu fairer Bezahlung zwar entscheidend, ist sich die Diskussionsrunde einig – aber allein kein Allheilmittel. Fairness werde immer subjektiv empfunden, es brauche also vor allem objektive Kriterien: Regeln, die allen bekannt sind und die für alle gelten.
SAP-Technik meets FPI-Expertise
Unkomplizierte und unparteiische Schiedsrichterhilfe könnte es schon bald in Form eines Dashboards geben. An diesem arbeitet ein SAP-Team derzeit mit Unterstützung und Expertise aus dem FPI. Die Idee: Unternehmensdaten dahingehend zu überprüfen, ob auf die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele hingearbeitet wird. Der Prototyp: Ziel 8.5: Gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Tätigkeiten.
Die Matrix wird hier in Walldorf erstmals präsentiert – noch keine Premiere, aber eine Generalprobe: die IT-Experten Laurent Douek und Steffen Schoener führen vor, wie die Software Unternehmen bei der zügigen Umsetzung von Lohngerechtigkeit unterstützen wird. Dass ausgerechnet mit diesem Ziel begonnen wird, ist kein Zufall – nicht nur, weil 8.5 exakt die Mitte zwischen 1 und 17 ist. Geld ist der Schlüssel zur Gleichstellung. Und Gleichstellung der Schlüssel zu nachhaltiger Entwicklung – weltweit.
Politik ist gefragt
In der Pflicht sehen die Expertinnen und Experten neben den Unternehmen aber auch Gesellschaft und Politik. „Das Engagement vieler Unternehmen ist großartig, aber sie können die Herausforderungen allein nicht stemmen. Wir brauchen ein gesellschaftliches Umdenken“, so Diversitätsexpertin Annika von Redwitz. „Die Politik ist gefragt, schnell zu handeln. Deutschland hinkt anderen Ländern in Sachen Gleichstellung sehr hinterher“, kritisiert die gebürtige Schwedin. „Immer mehr Fachkräfte wandern nach Skandinavien ab. Vereinbarkeit ist dort so viel leichter!“
Wenn es um Frauen in Führung geht, weiß Gastgeberin und Aufsichtsrätin Magret Klein-Magar aus eigener Erfahrung, was politische Rahmenbedingungen bewirken können. „Früher hieß es: ‚Wir sind absolut überzeugt, dass mehr Frauen im Aufsichtsrat besser wären, aber wir finden einfach keine Frauen.‘ Und siehe da – seit Einführung der Quote werden sie gefunden.“
(Übrigens, damit kein falscher Eindruck entsteht: Damit, dass beide Fußballmannschaften, die der Männer 2018 und die der Frauen 2019 kurz nach unserem Besuch in Walldorf ausschieden, haben wir nichts zu tun!)
Wie bei jedem Fair Pay Management Circle erfolgte die Teilnahme ausschließlich auf persönliche Einladung, die Veranstaltung selbst unterlag der Chatham House Rule, die beste Voraussetzung für einen offenen und konstruktiven Austausch. Wir geben daher nichts weiter, was Rückschluss auf die Referierenden oder Gäste, auf ihre Unternehmen oder Organisation zuließe – außer diese haben ausdrücklich zugestimmt, genannt zu werden.
Wenn Sie selbst an einem Fair Pay Management Circle teilnehmen oder uns eine Expertin oder einen Unternehmensvertreter empfehlen möchten, die oder den wir unbedingt einladen sollten, schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an!
Oben im Bild von links nach rechts: Margret Klein-Magar, Bärbel Ostertag, Cawa Younosi und Henrike von Platen
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